Lukas Dhont: GIRL – eine Filmbeschreibung

Lukas Dhonts preisgekröntes Spielfilmdebüt Girl handelt von einer 15-jährigen Teenagerin namens Lara, die mit ihrer Familie nach Brüssel zieht, um am Königlichen Konservatorium Ballett zu tanzen. Neben dem anstrengenden Training und den damit einhergehenden körperlichen und psychischen Strapazen, ist Lara transgender. Sie geht zur Psychotherapie, zum Arzt für eine Hormonbehandlung und hat zu kämpfen mit ihren inneren Konflikten.

Der Film ist inspiriert von Nina Monsecour, die Lukas Dhont bei der Entstehung inhaltlich und choreographisch unterstütze. Nina Monsecour ist eine transgender Ballerina, die ebenso wie Lara hart für ihren Platz im Ballett kämpfen musste und eine Geschlechtsangleichung in ihrer Pubertät machte.

Dhont verzichtet auf die stereotypische Dramatik eines Films über Trans*menschen. Lara wird in einer Umwelt und Familie gezeigt, die ihre Wünsche unterstützt. Sie wird auf ihrem Weg zur Selbstakzeptanz dennoch mit vielen inneren Konflikten und äußeren Herausforderungen konfrontiert. Nicht Transgender selbst wird zum Thema gemacht. Es wird ein Mädchen bei einem körperlichen sowie psychischen Prozess begleitet.

Der Körper ist ein zentrales und auch belastendes Thema für Lara. Die Teenagerin ist geplagt von ihrem Aussehen und setzt ihrem Körper hohe Strapazen aus, um ihr Ziel zu erreichen: das Ziel eine perfekte Tänzerin zu werden, sowie das Ziel den Körper einer Frau zu haben und als solche wahrgenommen zu werden. Vor allem Laras Willenskraft, die sich nicht nur auf den Wunsch, Ballerina zu werden, auswirkt, ist eine wichtige Komponente des Films.

Der Film zeigt vor allem die inneren Konflikte Laras, die auch in - oder trotz - ihrer affirmierenden Umwelt belastend für sie sind. Dies macht den Film herzzerreißend und gefühlsträchtig und lässt die Zuschauer*innen tief nachempfinden. Die ruhige Atmosphäre im Film schafft Raum für die verschiedenen Empfindungen Laras, die vom Hauptdarsteller Victor Polster eindringlich dargestellt werden. Victor Polster, geboren 2002 und Tänzer aus Brüssel, wechselt Frustration, Enttäuschung, Traurigkeit mit Freude, Aufregung und Zärtlichkeit ab. Sein Spiel hat maßgeblich zum Erfolg des Films beigetragen und er erhielt den Un Certain Regard- Jurypreis für seine schauspielerische Leistung.

Girl gewährt einen intimen, aber respektvollen Einblick in das Gefühlsleben einer Teenagerin, die sich nicht nur den alltäglichen Herausforderungen der Pubertät stellen muss, sondern auch ihre Identität in der Transsexualität finden möchte. Und schafft, was sich Nina Monsecour erhoffte: „a sense of sympathy and also a sense of exceptance“[1], die bis ins Herz reicht.

- Angela Franceschini, Programmkino Lichtblick e.V. -

 

Dieser Film wird im Rahmen der Flämischen Filmwochen exlusiv im Cineplex Pollux Paderborn am 23. Juni 2022 ab 18:15  gezeigt.

 

Anmerkungen:

[1] GIRL Featurette: Nora - The Inspiration Behind The Golden Globe Nominee (Belgium), in: https://www.youtube.com/watch?v=lTrCpkJwckY, abgefragt am 20.04.2022.