Hergé – belgischer Comiczeichner

Hergé war ein belgischer Comiczeichner und wurde vor allem für seine Reihe Tim und Struppi bekannt. Sein bürgerlicher Name ist Georges Prosper Remi, sein Pseudonym entstand aus der französischen Aussprache seiner umgedrehten Initialen: „R“ von Remi und „G“ von Georges ergaben RG, also Hergé. Er wurde am 22. Mai 1907 in Etterbeek, einem Ort in der Nähe von Brüssel, geboren und wuchs in einem stark katholischen und konservativ geprägten Umfeld auf. Hergé selbst beschrieb seine Kindheit öfters als grau und ereignisarm, bis er dem katholischen Pfadfinderverband beitrat.[1] Dieser bot ihm vielzählige Möglichkeiten zu reisen und seinen Horizont zu erweitern: „With the scouts, he travelled to summer camps in Italy, Switzerland, Austria and Spain, and in the summer of 1923 his troop hiked 200 miles across the Pyrenees.“[2]. Auch die Anfänge von Hergé als Comiczeichner wurden dadurch geprägt, denn sein Engagement ermöglichte ihm die erste Veröffentlichung seines eigenen Comics in einem belgischen Pfadfindermagazin.

Nachdem er 1925 seinen Realschulabschluss erlangt und 1927 seinen Militärdienst absolviert hatte, arbeitete er bei der Zeitung „Le XXe siècle“. Diese wurde zu der Zeit vom Pastor Norbert Wallez geleitet und ist, umso mehr aus heutiger Sicht, äußerst radikal und rassistisch, zum Beispiel gegenüber Juden und Kommunisten. Die Auswirkungen dessen zeigten sich in den ersten Comics von Tim und Struppi, welche in dieser Zeitung veröffentlicht wurden: der erste Teil spielt in der Sowjetunion und zeigt eine antikommunistische Haltung. Den zweiten Teil wollte Hergé ursprünglich in Amerika spielen lassen, doch Wallez überzeugte ihn „Tim im Kongo“ zu zeichnen. Dieser Teil ist bis heute noch stark umstritten, da er, sowohl im Zeichenstil als auch im Inhalt, rassistische und kolonialistische Inhalte darbietet.[3] Bis zum fünften Teil ging es ähnlich weiter, doch bevor Hergé eine Reise von Tim und Struppi nach China zeichnete, freundete er sich mit dem chinesischen Künstler Zhang Chongren an, welcher ihn diesbezüglich sensibilisieren konnte, sodass Hergés Comics fortan reflektierter wrden.[4] Der fünfte Teil „Der Blaue Lotos“ stellte also einen Umbruch dar.

Abb.: Hergés Comics (©Skblzz1, Lizenz CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Während des zweiten Weltkrieges versuchte Hergé die Inhalte seiner Comics von politischen Themen fernzuhalten, weshalb viele Tim und Struppi-Teile aus dieser Zeit an fiktiven Orten spielten. Nach dem Krieg wurde er vom belgischen Verlagschef Raymond Leblanc angestellt. 1946 starteten sie das Magazin „Tintin“, ein wöchentliches Magazin, in welchem auch stets zwei Seiten der Tim und Struppi-Reihe präsentiert wurden. Die Arbeit und familiären Probleme mit seiner ersten Frau Germaine Kieckens führten bei Hergé zu einigen Nervenzusammenbrüchen, die Pausen nach sich zogen.[5] So gründete er 1950 eine eigene Produktionsgesellschaft, um mehr Unterstützung zu erlangen.

Insgesamt erschienen 24 Teile in der Tim und Struppi-Reihe, bis Hergé 1973 aufgrund einer Lungenfehlfunktion starb. In seinem Testament schrieb er ausdrücklich, dass nach seinem Ableben keine weiteren Teile veröffentlicht werden sollten. So blieb es bei 24 Teilen, obwohl Hergé bereits mit dem Zeichnen weiterer Abenteuer von Tim und Struppi angefangen hatte.

 - von Frédéric Margout -

Dieser studentische Glossar-Eintrag ist im Rahmen des Romanistik-Seminars "Das BelgienNet III - das Filmland Belgien" im Wintersemester 2022/2023 entstanden. Hier finden Sie die französische Fassung des Glossar-Eintrags.

Anmerkungen:

[1] Vgl. PEETERS, Benoît, Hergé, son of Tintin, Baltimore, 2012, S. 5.

[2] LYE, Sian, The Real Hergé: The Inspiration Behind Tintin, Yorkshire, 2020, S.10.

[3] Vgl. Zehnle, Stephanie, „Der kolonialistische Comic. Die Genese des ›Leopardenmannes‹ und die Verbildlichung kolonialer Ängste“, in: Closure. Kieler e-Journal für Comicforschung, 2, 2015, S. 95.

[4] Vgl. ASSOULINE, Pierre, Hergé: The Man Who Created Tintin, Oxford, 2009, S. 49-53.

[5] BREWOOD-WYATT, Siobhan, „Hergé: The Man Behind Tintin“, in: taikooplace.com (14. November 2017), URL: https://www.taikooplace.com/en/artistree/content/hergethemanbehindtintin, (6. Februar 2023).

Quellenverzeichnis:

ASSOULINE, Pierre, Hergé: The Man Who Created Tintin, Oxford, 2009.

BREWOOD-WYATT, Siobhan, „Hergé: The Man Behind Tintin“, in: taikooplace.com (14. November 2017), URL: https://www.taikooplace.com/en/artistree/content/hergethemanbehindtintin, (6. Februar 2023).

LYE, Sian, The Real Hergé: The Inspiration Behind Tintin, Yorkshire, 2020.

PEETERS, Benoît, Hergé, son of Tintin, Baltimore, 2012.

Zehnle, Stephanie, „Der kolonialistische Comic. Die Genese des ›Leopardenmannes‹ und die Verbildlichung kolonialer Ängste“, in: Closure. Kieler e-Journal für Comicforschung, 2, 2015, S. 90–116.