Abstract

Heutzutage sind einem großen Teil der Bevölkerung weltweit die kleinen blauen Geschöpfe, namens die Schlümpfe, bekannt. Was vermutlich vielen jedoch noch unbekannt ist, ist, dass die Geschöpfe aus Schlumpfhausen ursprünglich nur eine kleine Nebenrolle in einem Comic des Künstlers Pierre Culliford, auch bekannt als Peyo, spielten. Über die letzten Jahrzehnte erlebten die Fantasiewesen des belgischen Zeichners eine Reihe an Veränderungen und Umgestaltungen. Im folgenden Text wird genauer auf diese Entwicklungen, mit besonderem Fokus auf das zugehörige Medium, eingegangen.

Inhaltsverzeichnis

Die Schlümpfe im Comic (ab 1954)

Das vorliegende erste Medium, welches näher analysiert wird, ist auch das ursprüngliche Medium, das Pierre Culliford verwendete, um seine Ideen und Geschichten zu verwirklichen – der Comic. Die erste Szene, in welcher die Schlümpfe auftraten, befindet sich in La Flûte à Six Schtroumpfs aus der Johann und Pfiffikus Comicserie. Hierbei zeigen die Schlümpfe den Abenteurern Johann und Pfiffikus den Weg zu ihrem geheimen Dorf, Schlumpfhausen. In der Abbildung[1] sind vier Ausschnitte der Geschichte zu sehen, welche bis auf das untere Panel alle gleich groß sind. Im Allgemeinen treten in der Szene die beiden Protagonisten, ein Schlumpf, der sie durch einen steinigen Wald leitet, und im letzten Panel ganz viele Schlümpfe aus Schlumpfhausen auf. Hinsichtlich des künstlerischen Stils von Peyo lässt sich herausstellen, dass der Zeichner eine sehr klare und saubere Linienführung hat, die unter dem Namen „ligne claire“ bekannt ist und vom belgischen Künstler Hergé kreiert wurde.[2] Darüber hinaus verleiht er den Linien unterschiedliche Gewichtung, somit gibt es einige Striche, die dicker sind und somit näher am Betrachter wirken und andere Striche, die dadurch, dass sie dünner aufgetragen wurden, nicht so stark ins Auge des Lesers fallen und erst im Nachhinein wahrgenommen werden. Auf dieser Art ist es dem Künstler möglich, den Fokus auf einzelne Details zu lenken und somit den Lesefluss des Betrachtenden zu steuern. Besonders wird dies von Pierre Culliford angewandt, um auch eine gewisse Distinktion zwischen dem Vorder- und Hintergrund zu schaffen. Bezüglich der Farbe lässt sich feststellen, dass auch hier mit Kontrasten gespielt wird, um einige Elemente des Bildes stärker hervorzuheben. In dem gegebenen Ausschnitt lässt sich dies an dem Kontrast zwischen der Kleidung der Abenteurer und des Hintergrundes beziehungsweise des Dorfes wiederfinden. Hier handelt es sich um Sättigungskontraste, da die Bekleidung von Johann und Pfiffikus sowie die Behausungen der Schlümpfe stärkere Farben (gelb, grün und rot) enthalten, wohingegen der Hintergrund eher mit ungesättigten Farben gefüllt ist (blau, grau und braun). Um den Erzählfluss zu unterstützen, verwendete Peyo ebenfalls einige Substitutionslinien, die beispielsweise Bewegungen oder Emotionen darstellen sollen.[3] Dies findet man im ersten Panel hinter dem vorderen Schlumpf wieder, von welchem mehrere kleinere Striche zu einem horizontalen Fluchtpunkt aus gehen, oder auch im unteren Panel, um die Köpfe der beiden Protagonisten herum, von welchen sonnenscheinähnliche Punkte ausgehen, die ein gewisses Gefühl von Staunen und Schock beim Leser vermitteln sollen. Ein weiteres wichtiges narratives Mittel im Comic stellen die Sprechblasen dar. Diese unterstützen den erzählerischen Gehalt der Geschichte und vervollständigen die Aktionen, Gedanken und Emotionen, die die verschiedenen Charaktere verspüren oder verrichten.[4] Das sonderbare am Comicmedium ist, dass auch ohne Zwischenaktionen, durch die wenigen gewählten Panels eine konsequente und vollständige Geschichte im Kopf des Lesers entsteht und darüber hinaus diesem auch noch die Möglichkeit gewährt wird, die Story im eigenen Tempo und nach Belieben zu lesen.[5]

Insgesamt wirkt die Szene im Comic, besonders hervorgehoben durch die Farbgebung, etwas düster und unheimlich, welches der Szene eine mysteriöse, aber auch spannende Atmosphäre verleiht. Darüber hinaus wird dem Leser die Möglichkeit gegeben zu interpretieren, ob der Schlumpf die beiden nur über zwei Felsen führt oder ob es sich tatsächlich um eine längere Reise durch einen steinigen Wald handelt.

Die Schlümpfe im Zeichentrick (ab 1976)

Mit dem ersten Auftreten der Schlümpfe im zuvor gezeigten Comic und dessen einhergehenden Erfolg sowie der starken Nachfrage nach mehr Geschichten der Schlümpfe, entschloss sich Peyo den Schlümpfen mehr Bildfläche zu geben, was im weiteren Verlauf auch dann dazu führte, dass es mehrere Zeichentrickadaptionen dieser gab. Eine der bekanntesten ist die Filmadaption des zuvor gezeigten Comicausschnitts, welcher im Folgenden verglichen wird.[6] Zum Vergleich wird dieselbe Szene verwendet, in welcher der eine Schlumpf Johann und Pfiffikus nach Schlumpfhausen führt. Dieser Filmausschnitt beginnt ca. ab der 34. Minute des Films. Der größte Unterschied liegt hier im Medium. Während im Comic lediglich die visuellen Reize und in gewisser Art und Weise der Tastsinn durch das Blättern angeregt werden, bietet der Film die Möglichkeit, ebenfalls den Hörsinn mit in das Geschehen einzubinden, wodurch keine Notwendigkeit mehr für Sprechblasen und Ähnliches besteht. Abgesehen von den gesprochenen Stimmen, wird die Szene von Hintergrundmusik begleitet, die der Szene eine eher heitere und glückliche Stimmung verleiht. Anders als es im Comic der Fall ist, werden auch keine Substitutionslinien benötigt, da die im Comic fehlenden Informationen durch die laufende Bilderfolge im Film gefüllt werden und somit Bewegungen und Emotionen (auch gegeben durch Soundeffekte und dem Gesprochenen) eindeutiger zu erkennen sind. Im Gegensatz zum Original, ist auch der Wald, in welchem sich die Charaktere befinden, anders dargestellt. Anstelle eines kalten steinigen Waldes erscheint die Szene im Film magischer und fantasievoller, da dort auch Flüsse, Bäume und weitere farbenfrohe Pflanzen abgebildet werden. Auch das Ausmaß an Details im Hintergrund ist beim Film höher. Dies verhilft ebenfalls in gewisser Form einen Kontrast und eine Abgrenzung zwischen den handelnden Personen im Vordergrund und dem stillen/sich minimal bewegenden Hintergrund zu schaffen, da diese Personen ähnlich wie im Comic nicht besonders detailreich sind und mit keinerlei Schattierungen oder Farbverläufen gezeichnet wurden, wohingegen der Hintergrund sehr künstlerisch sowie detailreich ist und mit vielen Schattierungen und Lichtreflexen spielt. Somit bleiben die Charaktere dem Originalzeichenstil von Peyo jedoch getreu und haben einen direkten Wiedererkennungswert. Außerdem läuft der Film nach einer vorgegebenen Zeit ab, somit ist festgelegt, wie schnell die Szene verläuft – es sei denn, es wird mit Schnitten und Ortswechseln gearbeitet. Im Gegensatz zum Comic wirkt hier der Ausschnitt viel länger, wodurch man das Gefühl bekommt, dass die Protagonisten eine weitere Distanz als in der ursprünglichen Geschichte überbrücken. Dadurch entstehen auch mehrere Dialoge und Interaktionen zwischen den Charakteren, welche im Comic nicht vorhanden sind. Des Weiteren beinhaltet diese einzelne Szene des Weges zum Dorf im Film mehrere kleine Ausschnitte, in welchen sehr oft die Kameraperspektive gewechselt wird. Dabei gibt es primär mehrere Wechsel zwischen der Frosch- und neutralen Perspektive und vereinzelt auch Vogelperspektive. Die ersten beiden Perspektiven verhelfen dem Betrachter dazu, sich in die Größenlagen der unterschiedlichen Figuren hineinzuversetzen, wobei die Froschperspektive die Schlümpfe repräsentiert und die neutrale Perspektive die Menschen. Die Vogelperspektive ermöglicht darüber hinaus ein Gesamtbild über die Situation und die Umgebung zu gewinnen, welches die Betrachter mehr in das Geschehen einbezieht. Zusätzlich gibt es auch viele Nah- sowie Halbnahe, die das gleiche Prinzip des Rollen- und Perspektivwechsels unterstreichen.[7]

Insgesamt wirkt die gleiche Szene im Film anders, als es im Comic der Fall war. Während im Comic der Verlauf des Ausschnitts der Geschichte vereinfacht mit Hilfe von vier Panels dargestellt wurde, dauert die Szene im Film ca. drei Minuten. Darüber hinaus wird eine komplett andere Atmosphäre der Umgebung geschaffen, die viel munterer und glücklicher wirkt, aber wie im Comic wird weiterhin der Aspekt der Spannung durch den langen Weg nach nach Schlumpfhausen aufrecht erhalten.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass beide Medien im Vergleich die gleiche Szene, dieselbe Handlung darstellen, aber dass die Mittel, die dem Medium zur Verfügung stehen und somit auch die Wahrnehmung des Betrachters oder des Lesers beeinflussen, eine große Rolle dabei spielen, wie diese Handlung abläuft und dargestellt wird. Außerdem lassen sich, trotz Unterschieden, noch Gemeinsamkeiten wiederfinden, die im besonderen Maße auch den künstlerischen Wiedererkennungswert von Pierre Culliford unterstützen. Somit ist in beiden Umsetzungen immer noch sichtbar, dass es sich um das Werk des gleichen Zeichners handelt.

Dieser Aspekt geht im Vergleich mit neueren Adaptionen im 3D-Film- und 3D-Serien-Bereich zum Teil verloren, da sich dort die Schlümpfe lediglich durch die besonderen Charakteristika, wie ihre Hautfarbe, Kleidung und Größe wiedererkennen lassen und die Spuren zum Ursprung des Werkes vernachlässigt werden.

- von Hadi Ali Ghazi -

Dieser studentische Text ist im Rahmen des Romanistik-Seminars "Das BelgienNet III - das Filmland Belgien" im Wintersemester 2022/2023 entstanden. Hier finden Sie die französische Version dieses Artikels.

Anmerkungen:

[1] Vgl. CHABERT, Chrystel, „Redécouvrez Johan et Pirlouit, les premiers héros de Peyo qui ont vu naître les Schtroumpfs“, in: Francecinfo: Culture (29.05.2019), URL: https://www.francetvinfo.fr/culture/bd/redecouvrez-johan-et-pirlouit-les-premiers-heros-de-peyo-qui-ont-vu-naitre-les-schtroumpfs_3465977.html (letztmalig eingesehen am 26.02.2023). Auf dieser Seite ist auch die besprochene Abbildung einsehbar.

[2] Vgl. BUTH, Christine, „Brüssel – Hauptstadt der Comics“, in: Planet Wissen (Erstveröffentlichung 2009, Aktualisierung 25.03.2019) URL: https://www.planet-wissen.de/kultur/metropolen/bruessel_das_herz_europas/pwiebruesselhauptstadtdercomics100.html (letztmalig eingesehen am 26.02.2023).

[3] Vgl. CAPART, Phillipe, Morris, Franquin, Peyo et le dessin animé, Angoulème, 2005, S. 71–75.

[4] Vgl. ebd.

[5] Vgl. ebd., S. 68–69.

[6] Vgl. Die Schlümpfe auf Deutsch (offiziller YouTube-Kanal), „Die Schlümpfe und die Zauberflöte – Film – Die Schlümpfe HD“, in: YouTube (03.08.2019), URL: https://www.youtube.com/watch?v=wJbLsxxukP4 (Time Code: 00:34:00-00:37:00) (letztmalig eingesehen am 26.02.2023).

[7] Vgl. o.A., „angle de prise de vue“, in: Kinema, URL: http://www.kinema.fr/index.php?option=com_content&view=article&id=46&Itemid=73&lang=fr (letztmalig eingesehen am 26.02.2023).

Quellenverzeichnis

BUTH, Christine, „Brüssel – Hauptstadt der Comics“, in: Planet Wissen (Erstveröffentlichung 2009, Aktualisierung 25.03.2019) URL: https://www.planet-wissen.de/kultur/metropolen/bruessel_das_herz_europas/pwiebruesselhauptstadtdercomics100.html (letztmalig eingesehen am 26.02.2023)

CAPART, Phillipe, Morris, Franquin, Peyo et le dessin animé, Angoulème, 2005, S. 68-75.

CHABERT, Chrystel, „Redécouvrez Johan et Pirlouit, les premiers héros de Peyo qui ont vu naître les Schtroumpfs“, in: Francecinfo: Culture (29.05.2019), URL: https://www.francetvinfo.fr/culture/bd/redecouvrez-johan-et-pirlouit-les-premiers-heros-de-peyo-qui-ont-vu-naitre-les-schtroumpfs_3465977.html (letztmalig eingesehen am 26.02.2023).

Die Schlümpfe auf Deutsch (offiziller YouTube-Kanal), „Die Schlümpfe und die Zauberflöte – Film – Die Schlümpfe HD“, in: YouTube (03.08.2019), URL: https://www.youtube.com/watch?v=wJbLsxxukP4 (Time Code: 00:34:00-00:37:00) (letztmalig eingesehen am 26.02.2023).

o.A., „angle de prise de vue“, in: Kinema, URL: http://www.kinema.fr/index.php?option=com_content&view=article&id=46&Itemid=73&lang=fr (letztmalig eingesehen am 26.02.2023).